31 Ich komme nie nach Ayutthaya!

Am Hauptbahnhof Hua Lamphong warten wieder mal die Schlepper auf Frischfleisch. [Ich begegne wieder einer Frau, die versucht, mir zufällig in den Weg zu laufen]. Aber sie hat nicht damit gerechnet, dass ich auf sie und ihre Kumpanen vorbereitet bin.


Ich sehe sie vor mir. Sie ist etwa 20 Meter von mir entfernt. Durch meine Sonnenbrille geschützt, kann ich sie ohne entdeckt zu werden beobachten. Sie fädelt sich vor mir ein und schlendert langsam, bis ich in ihrer Nähe bin. Bevor sie jedoch das fingierte Manöver beginnt, schlage ich einen anderen Weg ein. Etwas verwundert sieht sie mich nicht mehr. Aber ich rausche nicht an ihr vorbei. So einfach lasse ich die Tante nicht abdüsen!

Ich nehme meinen Reiseführer raus und tue so, als würde ich etwas suchen. Aber ich habe sie nach James-Bond-jagt-Dr.-No-Taktik voll im Blick. Sie kommt auf mich zu. Wahrscheinlich, um mir zu helfen. Als Sie 10 Meter vor mir ist. Laufe ich erst nach rechts und dann wieder nach links und entferne mich um weitere 10 Meter von ihr. Am neuen Beobachtungspunkt angekommen, nehme ich sie wieder unauffällig ins Visier.

Etwas irritiert, weiß sie nicht sorecht, was sie machen soll. Nun gehe ich aufs Ganze: Ich laufe direkt auf sie los. Mit schnellen Schritten. Ohne Vorwarnung. Ohne Ausweichmanöver.

Kurz bevor wir aneinander prallen, springt sie zur Seite und ich habe freie Fahrt zum Bahnhof. Sie hat sich bestimmt gedacht, dass ich schlimmer bin als sie und ihre Machenschaftsleute.

Als ich an einer Ampel stehen bleibe, sehe ich, wie ein Typ von einem Schlepper angequatscht wird. Der Schlepper wedelt mit seinem gefälschten Touristmusbehördenausweis und erzählt, dass alle Tickets für seine Bahnstrecke ausverkauft wären. Das Opfer hat einen Rucksack sieht auf den ersten Blick aus wie mein Kumpel Karsten: Netter Kerl mit einem sehr speziellen Humor. Der Schlepper hat eine Visage, die mich sehr an den Hauptmann Tay von Rambo 2 erinnert: Der, der Rambos Mädel umbringt und dann mit einem Atombomben-Pfeil zerfetzt wird. „Karsten“ scheint auf „Hauptmann Tay“ rein zu fallen und dann kann ich auch nicht mehr anders und sage ihm:

„Beware of this people.“

Er und der Schlepper schauen mich an.

„Thank you. He said that I cannot get any tickets for the train. Is this true?“
„Fellow me. I’m going to the tickets office. There you can ask for the train tickets.“
„Thank you.“

Hauptmann Tay schaut uns mit einem Lächeln an, als wäre nichts passiert. Als es dann grün wird, gehen wir zu dritt rüber.  Wahrscheinlich denkt Tay, dass er jetzt fette Beute macht und zwei Dummbratzen im Netz hat.

„Where you go?“

Fragt er uns schließlich.

„We are looking for the Tourist Police. Can you help us?“

Auf einmal ist er weg.

Während wir zu den Schaltern laufen, sagt Karsten, dass er eigentlich David heißt. Er kommt aus der Nähe von London und ist seit 3 Monaten in Asien unterwegs. Auf dem Land- und Seeweg! Er wurde einige Mal ausgeraubt. In Pakistan haben die Hirnis von Hinterweltlern seine Reiseschecks angeschaut und wussten nicht, wozu die gut wären. Aber die Reiseschecks haben sie trotzdem behalten.

Gut, wer auf dem Landweg durch einige Länder der Welt reist, in denen Briten keinen besonders guten Ruf haben, dann nenne ich das schon sehr mutig. Ich mit meinem Äußeren würde da wohl nicht allzu sehr auffallen. Aber ein Brite mit roten Haaren und Krebshaut? Jetzt wird mir auch klar, wie die es geschafft haben, die halbe Welt zu erobern…

Ich zeige ihm die Schalter und helfe ihm, den richtigen Zug für seine Weiterfahrt nach Singapur auszusuchen. Dem Loose sei Dank! Als ich meine Tickets für Ayutthaya gekauft habe und David für die Fahrt bis nach Butterworth, lädt er mich auf etwas zu trinken ein.

Er erzählt mir, dass er nicht so richtig weiß, wo er schlafen soll, wenn er wieder zurück fährt. Er wäre wohl in der Khao San Road gewesen, aber mit den Leuten dort, könne er nicht soviel anfangen: Er verreise und sei kein „Wannabe“. Ich nehme den Loose wieder raus und schlage ihm vor, einige Hotels rauszusuchen: Im Loose sind die Hotels in Preiskategorien eingeordnet. Er nimmt es gerne an und wir suchen drei Hotels seiner Preisvorstellung raus. Anschließend reden wir noch über Hauptmann Tay. Er schaut mich anfangs verwundert an, weil ich den Namen des Typen kenne. Als ich ihm lachend erkläre, dass er mich an die Bösewicht von Rambo 2 erinnert, überlegt er kurz und fängt an, laut zu lachen und kriegt sich fast gar nicht mehr ein. Wir schießen dann noch einige Luftpfeile los und trinken den Kaffee aus.

Ich verabschiede mich von ihm und setze mich in ein Taxi. Im Taxi sehe ich, dass ich nie nach Ayutthaya kommen werde: Das Ticket ist auf den heutigen Tag ausgestellt und nicht auf heute in zwei Wochen. War der Ticketverkäufer der Bruder von Hauptmann Tay?

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