95 Thailändischer Panther

Der Panther ist ja eigentlich keine Gattung innerhalb der Katzenfamilie. Eigentlich sei der Panther ein schwarzer Leopard, wird aber manchmal wie eine Gattung behandelt. Dieses gilt auch für den Panther, der neben mir sitzt: schwarze Haare, knackig braun gebrannt und Krallen vor denen sogar ein Tiger schiss hätte.


Zur Tarnung trägt sie ein widerliches Parfum, ein knappes Top und einen knapperen Camouflage Minirock. Ideale Kleidung, im Wald zu verschwinden und gleichzeitig ideal, um im Großstadtdschungel das perfekte Opfer zu finden: Einen notgeilen Farang, der sich fühlt wie ein Löwe und eine Antilope anspringen will, ohne zu merken, dass er die Fliege ist, die sich im Netz der schwarzen Witwe verfängt.

„Where you go?“, fragt mich der Minirock.
„Koh Samui.“
„Koh Samui ist my destanation, too.“
, sagt sie mir mit einem rattenscharfen Blick.

Wenn ich jetzt dumm wäre, würde ich denken, die Wildkatze steht auf mich und würde mich und meine Beziehung betrügen.

„My name is Gai.“, stellt sie sich mir vor.
„Gay?“
„No. Gai. That means Chicken.“
„OK, chicken.“
„Hot chicken. Do you think I am sexy?“
, sagt sie in feinstem und sauberem Englisch, welches zum ersten Mal aus dem Mund eines Thais höre.
„I know this song. From Rod Steward.“

Sie schaut etwas komisch und setzt nochmal an:

„Do you like my skin?“, und streichelt ihre Beine, um meine Aufmerksamkeit dahin zu lenken.

Auf der anderen Seite des Gangs sitzt ein Pärchen und der Typ gafft die Beine meiner Nachbarin notgeil an. Mit seinem triefenden Sabber könnte man den ganzen Bus einseifen. Ohne wiederrede, die Frau hat ein hübsches Gesicht und eine tolle Figur. Der Minirock deckt gerade soviel ab, dass ein Mann leicht schwach werden kann. Ein schwacher Mann.

„It’s brown, not white. You need a better sun milk to protect the whiteness of your skin. Why you do so horrible things with your skin?“
„Western guys like my skin. It’s very soft. You want to touch it?“

Es ist widerlich, wie sie die Grenzen austestet und nicht locker lässt. Dieser Panther ist kein Panther, sie ist sowas wie eine lästige Obstfliege, einem immer vor den Augen rumschwirrt.

„I am not interested in any conversation with you thats concerns to good night stories.“
„But I am a woman. I have to be sexy.“
„OK. Be sexy and have fun.“
, sind meine letzten Worte und ich drehe mich zum Fenster und genieße die Aussicht.

Es ist wundersam, beide widersprüchlichen Seiten Thailands zu sehen: Die wunderschöne, unberührte Natur des Waldes ganz weit weg und das künstliche, unwahre und nuttige Thailand auf dem Sitz neben mir. Zum Glück lässt sie mich in Ruhe und quatscht mich nicht mehr an. Ich habe nicht mal den Hauch von Ärger in mir gespürt, als ich das Gespräch mit ihr beendet habe, eher Mitleid. Denn sie lässt sich auf ihre Hülle reduzieren.

Der Bus verlässt die Straße und fährt in eine verlassene Gegend. Ich gehe davon aus, dass wir nun die Zivilisation endgültig verlassen und in den Dschungel eintauchen. Wo wir vielleicht das ein oder andere Tieren vorbei huschen sehen können. Doch der Schein trügt. Hier gibt es keine Panther. Denn noch sind wir am Rande der Zivilisation.

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